Am Anfang begeben Sie sich bitte gedanklich in einen Jahrtausende alten Ausflug nach Griechenland. Die erste Hochkultur des europäischen Festlands beeinflusst mit seinen Philosophen bekanntlich bis heute unser politisches Denken. In der beherrschenden Staatsform der Polis (Stadtstaaten) war es den Bürgern erlaubt, von Morgens bis Abends auf den Plätzen zu debattieren und sich eine eigene Meinung zu bilden. Eine positive Entwicklung vollzog sich weg von der Tyrannei und hin zu Wahlen mit einer Volksversammlung, einem Rat und Magistraturen. Nach den Kriterien von Aristoteles definiert sich die selbst gegebene Verfassung als gemäßigte, althergebrachte Demokratie. Unser Grundgesetz lässt grüßen.
Weit verbreitet sind seit Langem die überlieferten Mythen, Sagen und Dichtungen aus der Antike. Wer sich als Lernender auf Wikipedia verlässt, erfährt, dass Pan in der griechischen Mythologie der Hirtengott ist. Seiner Gestalt nach ist er ein Mischwesen aus Menschenoberkörper und dem Unterkörper eines Widders oder eines Ziegenbocks. In den Händen hält er einen Hirtenstab oder eine siebenröhrige Flöte, nämlich die Panflöte. Der wollüstige Nachfolger von Dionysos säuft bevorzugt Wein und bringt das Volk gerne durch Musizieren in Ekstase. Wenn man den Rausch ausschlafenden Göttersohn in seiner Mittagsruhe stört, wird er sehr ungehalten. Das tierisch-menschliche Mischwesen jagt dann die Herde in panischen Schrecken zu jäher Massenflucht auf, woher sich das Wort Panik ableitet.
Eine Reise von alten Mythen zu einer neuen Fiktion antretend, begeben sich die hoffentlich nicht allzu sehr verängstigten Leser nun in das Jahr 2060. Dank medizinischem Fortschritt konnte das durchschnittliche Lebensalter erhöht werden. Der Schrecken des Klimawandels wurde besiegt, indem große Erfolge in der Umwelt schonenden Erzeugung und Speicherung von Strom gemacht wurden. Als Wermutstropfen halbierte sich die Weltbevölkerung in einem schrecklichen Atomkrieg. Dafür setzte sich die nachhaltige Erkenntnis durch, alle Massenvernichtungswaffen abzuschaffen. In der schönen Neuen Welt gab es nur noch eine nachhaltige Regierung mit einem nachhaltigen Machthaber. Der überaus intelligente Kopf hörte auf den Namen Peter Pan. Seine tragisch verstorbenen Eltern waren Bücherwürmer und liebten über alles den Roman, bei dem ein Kind niemals erwachsen wird, sondern immer ein Junge bleibt. Ein gewisser Schrecken befiel die Mitmenschen bei dem Gedanken, wie hellseherisch die Namensgebung war. Die von Piraten ausgeraubte Familie von Peter verunglückte bei dem darauf folgenden Schiffbruch tödlich. Pan war wie durch ein Wunder der einzig Überlebende des Weltumseglung Feuerinfernos. Ausgerechnet bei seiner Rettung aus der Luft durch die Feen Hubschrauberbrigade zerfleischten Haie seinen verblutenden Körper. In einer erstmals durchgeführten neuartigen Operation durch Roboter-Chirurgen wurde der Kopf des Dreizehnjährigen durch Geisterhand auf einen künstlichen Körper aufgesetzt, der für die Hirnströme sorgte und die Blutzirkulation am Leben hielt. Erstmals gelang es ein menschliches Gehirn mit einem vernetzten Supercomputer zu paaren. Dadurch wurde Peter Pan weltberühmt. Niemand konnte in den Geisteswissenschaften mit ihm mithalten. Das Wunderkind zog nur zu gerne die Aufmerksamkeit auf sich, indem es zum jüngsten Schachweltmeister gekürt wurde. Die Worte des Genies hatten besonders schweres Gewicht in der Öffentlichkeit. Am Mikrofon forderte der begabte Redner am Sonntag als Fernsehprediger und am Freitag in wöchentlichen Demonstrationen, alles Mögliche zu tun, um der Jugend eine bessere Zukunft zu bieten. Pan liebte alle (Pansexualität?), und alle liebten ihn zurück: Gegrüßet sei Peter – lang lebe Pan. Die Zuhörer applaudierten frenetisch und jubelten irrsinnig.
ZIEL NUMMER EINS WAR SCHON IMMER GESUNDHEIT!
Die Pharmaindustrie versprach fortwährend, alle Krankheiten ausmerzen zu wollen. Peters höchstes politisches Motto lautete entsprechend Hauptsache gesund. Die Sorge um die Erderwärmung mit dem Verbot fossiler Brennstoffe hatte sich längst erübrigt, denn die atomaren Waffen lösten eine kleine Eiszeit aus. Pan selbst konnte dank weitgehend fehlendem Fleisch nicht mehr krank werden, und durch den medizinischen Fortschritt alterte er anscheinend nicht mehr. Seine Gesichtszüge änderten sich wegen einer verbesserten Botoxbehandlung selbst mit 33 Jahren nicht. Man hielt ihn für den ersten Menschen, der unsterblich wurde. Um einen Bogen zurück zur griechischen Mythologie zu spannen, verlangte Pan, dass sein Unterkörper dem Aussehen nach an einen Ziegenbock angepasst wurde. Natürlich konnte niemand so schön wie Pan mit der Panflöte spielen. Das weltweit verzauberte Publikum an den Fernsehschirmen wurde regelrecht in den Bann gezogen. Mit seinen tierischen, mechanischen Füßen konnte der neue Machthaber gehen und mit seinen künstlichen Hydraulik-Armen den Untergebenen von seinem weißen Papstflugmobil aus hypnotisierend zuwinken. Allzu selbstverständlich wurde der Schwarze Peter mit seiner gehörnten Tiara zum Führer aller abgesetzten Weltreligionen gewählt. Der vergötterte Imperator schaffte neben der katholischen Kirche das Militär ab und schuf sich stattdessen eine Armee von unbewaffneten Geheimagenten, wofür er den jesuitischen Friedensnobelpreis bekam. Die Schmutzarbeit übernahmen dann unbemannte Drohnen am Himmel, über die jegliche Berichterstattung verboten wurde. In der Tat ging durch die Überwachung von jedem Schritt und Tritt die Kriminalitätsrate zurück. Gefängnisse wurden geschlossen. Es bestand kein Zweifel darin, dass der oberste Brückenbauer Sankt Peter durch die Durchführung seines Willens verantwortlich für das Heil der Menschheit war. Gebete und Bitten durften nur an den Guten Hirten mit dem Zauberstab gerichtet werden, der sich wachsender Popularität erfreute. Zur Freude vieler Süchtigen wurde ein weltweites Alkohol- und Rauchverbot aufgehoben und im Gegenzug alle bösen Genuss verbietenden Religionsführer entmachtet. Das brachte Frieden auf Erden. Groß und Klein glaubte das tausendjährige Friedensreich sei angebrochen.
Nur zu schön wäre eine Welt ohne Probleme. Zum Leide vieler gab es die allgegenwärtige Angst vor tödlichen Virusinfektionen. Denn als eingesetztes Mittel, um befeindete Völker in Schrecken zu versetzen, verbreiteten Wissenschaftler einst im Labor gezüchtete Krankheitserreger. Das Wissen darüber verursachte ursprünglich den Ausbruch des dritten Weltkrieges. Science Fiction oder nicht, die geöffnete Büchse der Pandora ließ sich trotz Ausgangssperren nicht mehr schließen. In Gebieten, wo die Pandemie am schlimmsten wütete, waren Leute selbst im Schlaf gezwungen, Raumanzüge mit ausgeklügelter Sauerstoffzufuhr zu tragen. Dank neuer Gentechnologien hatte sich sowieso die künstliche Befruchtung durchgesetzt. Küssen verboten! Sex spielte sich gesetzlich verordnet virtuell hinter der 3D-Brille und maximal mit Plastikspielzeug ab, wobei sich süße Haushalts-Roboter zu keimfreien Puppen entwickelt hatten.
Das Bargeld ist in einer Neuen Weltordnung mit Great Reset längst durch eine Weltzentralbank abgeschafft worden. Alle Bürger wurden durch eine Digitalwährung mit allem Lebensnotwendigen durch ein universelles Grundeinkommen versorgt, ohne groß arbeiten zu müssen. Die schwere Arbeit übernahm längst die künstliche Intelligenz mit unzähligen Computer gesteuerten Maschinen. Alles wurde gechippt und vernetzt. Alle Unternehmen wurden verstaatlicht. Die Reichen wurden zur Freude der Mehrheit, der in ihrem Wachstum bevormundeten Bevölkerung, durch eine moderne Art von Kommunismus in ihrem Grundbesitz enteignet. Das Ende von allem Privatbesitz wurde in einem weltweiten sozialen Bewertungssystem eingeläutet. Unterschiede betonend, wurde die Gleichheit jedes Individuums vor dem Gesetz angepriesen. Zur Bekämpfung der Kriminalität und zur Kontrolle der staatlichen Gesetze wurde nicht nur der Geldverkehr von Spitzeln genauestens überwacht. Den Kameras und Satellitenüberwachungsanlagen entging rein gar nichts. Paare, die in Flagranti auf dem Maisfeld erwischt wurden, wurden kurzerhand durch eine mit Wärmesensor und Raketen ausgestattete Drohne hingerichtet. Selbst Schuld dachten die treuen Kameraden in ihrem Schlafzimmer, welche einen Schwur auf Peter Pan in seiner Ranch geleistet hatten, keinen körperlichen Intimitäten mehr auszutauschen. Peter begründete als Führungsfigur, auf die die Gesellschaft aufgebaut wird, mit der veralteten Bibel sein Hauptgebot: Zeus wolle alle Erwachsenen zu kleinen Kindern machen, indem sie keinen Beischlaf ausführen. Sonst könne niemand ins Niemandsland kommen. Manchen Mitbürgern erschienen die Wiedereinführung der Todesstrafe als zu drakonisch, aber mit der körperlichen Vereinigung gefährdete man ja den Fortbestand der Menschheit. Durch schier unendliche Wiederholungen der Lügenpresse, begannen die Leute körperliche Nähe zu meiden, vermieden als Stubenhocker jeglichen Verkehr und hassten es, über Intimität nachzudenken. Die im Reagenzglas gezeugten Kinder wurden den Müttern durch die Familie ersetzende Umerziehungsheime nach der Entwöhnung weggenommen.
Das höchste Gebot der Nächstenliebe und die Liebe zu Pan drückte sich dadurch aus, dass man seine Mitmenschen nicht durch Unvorsichtigkeit umbringen darf!
Jegliche Kritik oder Zweifel am Nutzen dieser Vorgehensweise wurde im Keim erstickt. Es gab keine Presse- oder Meinungsfreiheit. Fotografieren und Filmen wurde zur Sicherheit aller und zum Schutz der Geheimpolizei verboten. Das Internet war längst zensiert, sodass bestimmte Wörter gar nicht auftauchen konnten. Jede Webseite, die neu verfasst wurde, und sogar jeder neue Satz durchlief einen Genehmigungsprozess. Denn den Weg für die Lösung aller Probleme kannte alleine der Führer mit seiner künstlichen Intelligenz. Er wollte, alle wären und werden wie er. Ohne vorbestimmtes Geschlecht und alleine in einer Wohnung ließ es sich viel besser und sicherer leben. Sein Hirn war mit einer Recheneinheit verbunden, die in seinen Lenden untergebracht war. Seine Jugend behielt der führende Kopf durch die Verabreichung von Blut und Zelllinien abgetriebener Babies. Um daran zu kommen, wurden die Mütter von den Ärzten angelogen, ihre Kinder im Bauch gefährdeten durch eine Behinderung ihr Leben oder hätten nicht das gewünschte Geschlecht. Als Anreiz wurde ein an die vergrößerte Brust gehefteter Sonnenblumen-Orden für die selbstbestimmte Abtreibung von mindestens sechs Lebewesen verliehen. Das machte die eintönige, grüne Einheitskleidung der Parteimitglieder etwas bunter. Überhaupt ging es bei aller Irreführung darum, sich vom menschlichen Leib zu entäußern, um Unsterblichkeit zu erlangen. Die Angleichung der Geschlechter und Kindererziehung übernahm selbstverständlich der allmächtige Führer. Wer in der Hierarchie in seine Vollversammlung der Vereinigten Nationen aufsteigen wollte, ließ sich freiwillig den Kopf abschneiden und denselben tierischen Unterkörper, wie vom Menschgott Pan verpassen. Durch die Apokalypse des Johannes begründet, sollte diese Ehre maximal 144.000 Übermenschen zuteilwerden. Die Doktrin der natürlichen Auslese von Darwin mit der Evolutionslehre diente als Rechtfertigung, warum die von megaschnellen Rechnern angetriebenen Tierkörper über die übrigen Untertanen herrschen. Schließlich dominierten die Halbgötter mit ihrer unbändigen Elektronen-Energie auch alle Sportarten bei den Olympischen Spielen. Die Verknüpfung ihres menschlichen Verstandes mit einem vom eigenen Kraftwerk angetriebenen Zentralrechner führte zu einem nie dagewesenen Wissen. Kein Wunder, dass der gewöhnlich Sterbliche sich beschämt wegduckte. Also tat der Durchschnittsbürger alles, was von ihm verlangt wurde gemäß dem Leitspruch:
ALLE SIND INTELLIGENT, ABER MANCHE SIND INTELLIGENTER!
————Schnitt————
Heute ist der 3. Oktober 2021. Meine Tochter Michelle Jael feiert ihren 10. Geburtstag. Wegen der sich ständig ändernden Gesetzeslage mussten wir uns aufgrund von Kontaktbeschränkungen und 3G-Regeln überlegen, wen sie alles einladen und wie die Feier ablaufen darf. Nun ist der 3. Oktober seit 1990 mit dem Wirksamwerden des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zur Bundesrepublik Deutschland mit dem Tag der Deutschen Einheit gesetzlicher Feiertag. Der eigentliche Mauerfall als Freudenfest ereignete sich am 9. November 1989. Am 9. November 1938 geschah die Reichspogromnacht, an die sich kein Deutscher mehr gerne erinnert. Bestimmt hat die Verfolgung, Diskriminierung und Benachteiligung von bestimmten Gruppen in der Bevölkerung aufgehört. Immerhin erschießt die SS keine unzuverlässigen Radiohörer mehr, die dem verschwörerischen Feindfunk mehr vertrauen, als der eigenen Regierung. Die Erinnerung an die Freiheit herbei sehnenden Fluchtopfer an der Mauer fällt ebenso schwer. Die Grenze zwischen Ost und West wurde in eine immer perfektere Todesfalle mit Wachtürmen, Minen und Selbstschussanlagen umgebaut. Zur Bewältigung der DDR-Geschichte wurde jüngst die Stasi-Akten-Behörde geschlossen. Große Schmerzen löste das bekannt gewordene Wissen über den Verrat in der eigenen Familie und durch beste Freunde aus. So etwas ist heute nicht mehr möglich, versichern selbstgerechte Pharisäer in Regierungen. Diese haben auch überhaupt nichts gemein mit Erich Honecker und dem menschenverachtenden Verhalten anderer Diktatoren des 20. Jahrhunderts. Denken Sie an Hitler, Mussolini, Stalin, Mao, Franco, Tito, Pinochet, Pol Pot, Idi Amin, Saddam Hussein, Gaddafi, Kim II-sung oder Ceausescu.
Wie erbärmlich alle Maßnahmen zur Gedankenkontrolle und Einschränkung der Meinungsfreiheit sein können, bewies Enver Hoxha mit dem zurück gebliebenen Armenhaus Europas. Albanien dient als Beispiel, dass es möglich ist, sich von der Außenwelt abzuschotten. Anstelle Stahl und Beton für Häuser zu verwenden, wurden überall militärische Abwehranlagen mit hässlichen Bunkern gebaut. Der böse Feind wollte nämlich nicht, dass es dem wegen ausländischer Bedrohung hungerndem albanischen Volk weiterhin unter ihrem Generalsekretär des Zentralkomitees der Partei der Arbeit so gut geht. Also investierte der Diktator das Geld in explodierende Munitionslager. Technischer Fortschritt wurde nicht zugelassen, denn sonst hätten die kommunistischen Parteimitglieder durch Radio und Fernsehen mitbekommen, wie glücklich die kapitalistische Bevölkerung der Nachbarn von Griechenland oder Italien ist. Typisch für die Diktatoren des 20. Jahrhunderts sind übergroße Statuen, mit denen sie sich verehren ließen. Als besondere Führer-Kultstätte bekam Enver Hoxha nach seinem Tod ein Pyramiden-Mausoleum mit beleuchtetem rotem Pentagramm-Stern an der Spitze vermacht, über welches freilich in Tirana ein heftiger Streit entbrannte.
Mir brennt auf den Nägeln, über mehr Verblödung und Symbolik in der jüngsten Geschichte zu berichten. Da die Gedanken frei sind, mögen die aufmerksamen Leser ihren eigenen Verstand einschalten und zur Meinungsbildung mögliche Parallelen ziehen.
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