Das Evangelium des Johannes unterscheidet sich in seiner Struktur von den drei synoptischen Evangelien beträchtlich. Matthäus, Markus und Lukas schauen gemeinsam und übereinstimmend auf das Leben von Jesus Christus. In einer chronologisch gleichartigen Reihenfolge schildern sie den Weg des Königs der Juden auf der Erde, des aufopferungsvollen Dieners, der sich kein Ruhe gönnt und des makellosen Menschensohns, der kam, um uns zu retten.

Wer das Neue Testament von vorne bis hinten durchliest, wird sich beim Studium des vierten Buches – dem Johannesevangelium – logischerweise die Frage stellen, warum es abweichend aufgebaut ist. Als sich weiter bildender Bundesbürger braucht man kein Theologiestudium abschließen oder einen Doktortitel vorweisen, um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Die Liebe zu Gottes Wort und das Nachsinnen über die darin verborgene Symbolik führt auf die richtige Fährte:

Das Johannesevangelium bildet den Plan der Stiftshütte nach!


Darum ist es wichtig das zweite Buch Mose von Kapitel 25 bis 40 zu verinnerlichen. Von Nutzen wäre es auch, „Die geheimnisvolle Hütte“ in derselben Themenrubrik „Bildung“ gelesen zu haben.
Und das Wort wurde Fleisch und zeltete (wohnte) unter uns. Und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit des einzig Eingeborenen des Vaters, voller Gnade und Wahrheit. Johannes 1, 14

Das griechische Wort
skenoo wird zumeist mit wohnte übersetzt, es bedeutet jedoch zeltete, was durch das englische Wort „tabernacled“ hervorragend übersetzt wurde.
Der Tabernakel, den Moses genau nach Gottes Anweisungen bauen ließ, ist das unter dem von Luther verwendeten Namen „Stiftshütte“ bekannt gewordene Zeltheiligtum in der Wüste.
Apostel Jochanan kannte das Wort Gottes wie kein anderer und wusste genau was er schrieb, als er seine Beschreibung von Jeschua Ha’Maschiach aufzeichnete. Die voller Symbolik steckende Struktur der Stiftshütte und des Tempels war ihm so vertraut, dass er unter der Inspiration des Heiligen Geistes das vierte uns bekannte Evangelium in der gleichen Art und Weise abfasste.

Um sich Gottes Herrlichkeit zu nähern, musste im Alten Bund ein spezieller Ablauf von den Leviten durchgeführt werden. Dabei bilden der Brandopferaltar, das Waschbecken, der Schaubrottisch, der siebenarmige Leuchter, der Räucheraltar und die Bundeslade mit dem Gnadenthron die vorgeschriebene Abfolge.

Von Johannes dem Täufer lernen wir im 1. Kapitel, wie er Jesus auf sich zukommen sieht und spricht:
„Siehe das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinweg nimmt!“ (Vers 29) und hinblickend auf Jesus, der vorüber ging rief er: „Siehe das Lamm Gottes!“ (Vers 36)
= BRANDOPFERALTAR

Sechs steinerne Wasserkrüge standen bei der Hochzeit zu Kana bereit, für die Reinigung nach jüdischer Sitte (Joh. 2). Danach bekommt Nikodemus, der Lehrer Israels, den Kopf gewaschen. Jesus antwortete: „
Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes eingehen!“ Joh. 3, 5
= WASCHBECKEN

Die samaritische Frau schöpft am Jakobsbrunnen Wasser und begegnet dem lebendigen Wasser, das zu einer Quelle ewigen Lebens quillt (Trankopfer, Kapitel 4). Die hungrige Volksmenge versteht hingegen nicht, dass Jesus das Brot des Lebens ist, das aus dem Himmel herab kommt, um der Welt das Leben zu geben (Kapitel 6).
= SCHAUBROTTISCH

Die Pharisäer meinten, dass das Zeugnis von Jesus nicht wahr sei, der abermals zu ihnen sprach:
„Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt wird nicht in der Finsternis wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben!“ Joh. 8, 12
Das unübersehbare Licht der Welt zeigt sich weiterhin in Johannes 9, 5 / 11, 9 / 12, 46.
= SIEBENARMIGER LEUCHTER

Der enge Kreis der Jünger nähert sich dem Herzen Gottes und lernt, in Kapitel 14 / 15 / 16 einen neuen Weg zu bitten. Die Gebete im Namen Jesus sind dem Vater wohlgefällig und werden erhört. Traurigkeit über den Tod wird in ewige Freude verwandelt werden.
= RÄUCHERALTAR

Das Hohepriesterliche Gebet wird in Johannes 17 überliefert. Jesus tritt in der Fürbitte für seine Jünger ein und für alle, die durch ihr Wort an ihn glauben. So wie Jesus und der Vater eins sind, sollen seine Nachfolger eins sein.
= HOHEPRIESTER

Jesus stirbt in Kapitel 19 am Kreuz von Golgatha. Es ist vollbracht. Er neigte sein Haupt und übergab den Geist. Sein Blut ist in einem neuen, besseren Bund vor dem irdischen und himmlischen Gnadenthron vergossen worden. Der Vorhang zerreißt im Tempel, als Bild für sein hingegebenes Fleisch (Hebräer 10, 20).
= VORHANG INS ALLERHEILIGSTE
= BUNDESLADE
= GNADENTHRON

Am Felsengrab angekommen, beugt sich Maria Magdalena vornüber in die Gruft. Die Weinende sieht zwei Engel mit weißen Kleidern am Haupt und zu den Füßen sitzend, wo der Leib Jesu gelegen hatte. Sich umwendend sieht sie Jesus da stehen. (Joh. 20)
= DECKEL DER BUNDESLADE MIT DEN ZWEI CHERUBIM
= STAB AARONS DER SPROSSTE

Am Abend versammeln sich die Jünger aus Furcht hinter verschlossenen Türen. Jesus tritt in ihre Mitte und spricht ihnen Friede zu. Wie der Vater ihn gesendet hat, sendet er seine Jünger. Der Auferstandene haucht sie an und spricht: Empfangt Heiligen Geist!
= WOLKE DER HERRLICHKEIT

Am Schluss gehen sieben Jünger am See Tiberias zum Fischen. Sie fangen nichts, bis der auferstandene Herr am Ufer erscheint und sie durch ein Wunder mit Fisch und Brot versorgt. Petrus, der Nachfolger, wird durch das Gebot der vollkommenen Liebe von seinem brüderlichen Freund und Meister wieder hergestellt. (Joh. 21)
= KRUG MIT MANNA
= GESETZESTAFELN

Der Bauplan der Siftshütte mitsamt Inventar ist dreigeteilt. Es gibt einen Vorhof, das Heiligtum und das Allerheiligste. Wie selbstverständlich lässt sich das Johannes-Evangelium ebenso untergliedern:

In den ersten zwölf Kapiteln begegnet der Retter vielen, teils in großen Nöten steckenden Menschen im verheißenen Land. Den Problem behafteten Sündern, diente der Hilfe leistende göttliche Vermittler, einem nach dem anderen, machtvoll mit Wort und Taten. Der Erlöser verdammt uns nicht, er gibt andererseits eine klare Anweisung nicht weiter zu sündigen. Dies ist der
Vorhof.

Ab Kapitel 13 beginnt ein eigentümlicher Teil im Obergemach, der nur seinen Jüngern vorbehalten ist, die an der frei machende Wahrheit Anteil nehmen sollen. Jesus wäscht ihnen zunächst, wie ein Priester vor dem Heiligtum, die Füße, bevor er sie über den Heiligen Geist und das Gebet unterrichtet. Kein anderes Evangelium beschreibt die Handlung des letzten Abendmahls so ausführlich. Das Waschbecken, der siebenarmige Leuchter, der Schaubrottisch und der Räucheraltar werden hier wiederholt verdeutlicht.

In das Allerheiligste dringt der ewige Hohepriester in Kapitel 17 durch seine lange Fürbitte vor. Das Kreuz (Gnadenthron) ist der neue lebendige Weg über den wir in einen besseren Bund zu Gott kommen können (Bundeslade). Der Auferstandene erscheint seinen Jüngern so oft und detailliert, wie in keinem anderen Evangelium (Wolke der Herrlichkeit).

Auffällig im vierten Evangelium sind die vielen „
Ich bin“- Worte. Ein berühmte Feststellung findet sich in Johannes 14 Vers 6 mit: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater denn durch mich!“

Mit diesen symbolischen Worten wird der Eingang durch den Zaun in den Vorhof, die Tür hinein ins Heiligtum und der vierfarbige Vorhang mit den Cherubim, ins Allerheiligste zum Vater führend, beschrieben.

Selbst der Ablauf der Zeichen und Wunder des Herrn beschreibt eine Steigerung hin zur Herrlichkeit Gottes in drei Teilen:

38 Jahre lang war der Mann am Teich Bethesda mit seiner Krankheit behaftet. Kein Mensch half ihm, ins heilende Wasser zu gelangen, bis Jesus ihm am Sabbat befahl, sein Bett aufzunehmen und umherzugehen (Joh. 5, Vorhof).

Die Pharisäer im Tempel ärgerten sich gleichfalls über den Blindgeborenen, der am Sabbat einen von Jesus zubereiteten Teig aus Erde und Speichel an dem Teich Siloah abwusch und wieder sehend wurde (Joh. 9, Heiligtum – kein natürliches Licht).

Das größte Wunder findet sich in Johannes 11 in einer stockfinsteren Gruft zu Betanien, in der der tote Lazarus vier Tage lag. Habe ich dir nicht gesagt, wenn du glaubst wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? Marta begriff zunächst nicht die „Ich bin die Auferstehung und das Leben“- Feststellung des Messias (Allerheiligstes – Stab der sprosst).

Der ein oder andere Leser wird sich fragen, warum er all diese Dinge wissen soll und was sie ihm bringen. Die Predigt über den gekreuzigten Jesus war für die Juden ein Ärgernis und für die Griechen eine Torheit. Gottes Wege sind nun mal anders als die unsrigen. Wer mit dem Mund bekennt, dass Jesus der Herr ist und von Herzen glaubt, dass Gott ihn von den Toten auferweckt hat, wird gerettet werden.
Viele Menschen stoßen sich jedoch an dem kostbaren Eckstein, der in Zion gelegt wurde, und sie verwerfen Jeschua als den Messias.
Retter oder Richter? Seinen Machtansprüchen tut dies keinen Abbruch. Denn es gibt sieben „Ich bin“- Worte im Johannesevangelium, die allesamt mit der Stiftshütte oder dem Tempel zu tun haben. „Brot des Lebens“, „Licht der Welt“, „Weg, Wahrheit und Leben“, „Auferstehung und Leben“ wurden angesprochen. Folgende Vergleiche mit dem „Ich bin, der ich bin“- Gott, der sich Mose am brennenden Dornbusch offenbarte, seien ergänzt:

Ich bin
die Tür, wenn jemand durch mich hineingeht, wird er errettet werden und wird ein- und ausgehen und Weide finden.“ Joh. 10, 9

Ich bin
der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe!“ Joh. 10, 11

Ich bin
der wahre Weinstock und mein Vater ist der Weingärtner!“ Joh. 15, 1

Ein kurzes „ICH BIN“ reicht aus, um die Häscher in Gethsemane umfallen zu lassen. Doch in Kapitel 18 war nicht der Tag des Herrn angebrochen, sondern die Stunde derer gekommen, die ihn gefangen nehmen sollten. Gehorsam ertrug Jesus all die Schmach, da er die Folgen richtig abschätzen konnte. Er starb stellvertretend für deine und meine Schuld, weil er dich und mich retten wollte. Daran möchte ich Anteil nehmen und zu seiner Ehre gute Früchte bringen.
Neben dem Hebräerbrief verbirgt das finale Buch der Offenbarung gleichermaßen die Symbolik der Stiftshütte bzw. des Tempels, wovon in der Enthüllung die Rede ist. Wehe, wehe, wenn der Heilige Gott in umgekehrter Richtung aus dem Himmlischen Tempel hervortritt und durch sein Schwert alles Fleisch richtet.

Sein erster Auftritt auf der Erde war voller Gnade und Wahrheit. Das ewige Wort Gottes wurde Fleisch und zeltete unter uns. Das Licht scheint in der Finsternis und die Finsternis hatte es nicht ergriffen. Leider nahmen ihn die Seinen zunächst nicht auf. Allen aber, die ihn aufnahmen gab er das Recht Kinder Gottes zu werden, denen, die an seinen Namen glauben.

Im Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.
Joh. 1, 1

Das Evangelium des Johannes stellt den Sohn Gottes als den Anfang aller Dinge vor, als den, der alles erschaffen hat, dar. Selbst die Welt, mit den zu schreibenden Büchern, kann die vielen Dinge nicht fassen, die Jesus getan hat. Werden die Leser das wahre Leben ergreifen und in eine neue Dimension vordringen, indem sie die Breite, Länge, Höhe und Tiefe des vierten Evangeliums erfassen?